Am Stadthaus mitten auf dem Marktplatz

Die Stadt ob Sankt Christophstal, so wurde Freudenstadt vor der Namensgebung durch Herzog Friedrich I. genannt. Sie ist eine junge Stadt verglichen mit den sie umgebenden Gemeinden Musbach, Grüntal, Kniebis. Vor der Besiedlung des Schwarzwaldes bildeten die Klöster die einzigen Enklaven im förchtigen Wald. Entlang alten Handelswegen, den sogenannten Mönchswegen, entstanden nach und nach die Klöster Alpirsbach, Kniebis, Reichenbach und Hirsau.
Traditionelle Handwerke wie Schmierebrenner, Köhler, Glasbläser, Flößer, Harzer, Pechsieder und Holzhauer spielten eine immer größere Rolle. Die Grundlage ihres Schaffens bildete hierbei der Wald.

Marktplatz Freudenstadt
Der Marktplatz

Freudenstadt wurde auf dem Reißbrett entworfen und gehört damit zu den ersten Planstädten der Renaissance nördlich der Alpen. Planer und Erbauer war Heinrich Schickhardt aus Herrenberg. Er entwarf und baute nach Vorgaben seines Dienstherrn Herzog Friedrich I. die Stadt ob St. Christophstal im Jahre 1599. Die Residenzstadt des Herzogs sollte sie werden, eine "Freydenstadt", ja die heimliche Hauptstadt Württembergs. So platzte denn die neue Stadt auch schon kurz nach ihrer Gründung fast aus allen Nähten, weil Neubürger aus dem Innerösterreichischen hier Zuflucht und ihre "Freudenstadt" fanden. Herzog Friedrich I. nahm die wegen ihres protestantischen Glaubens Vertriebenen auf. Freudenstadt zählte 1601, also zwei Jahre nach Stadtgründung, bereits 3000 Einwohner.

Das typische Stadtbild: die Arkaden um den Marktplatz
Die "Bögele" wie die Freudenstädter sie liebevoll nennen - die Arkaden

Der Tod ihres Stadtgründers im Jahre 1608 brachte für Freudenstadt erhebliche Veränderungen mit sich. Aus der einstmals privelegierten Stadt, die dem Herzog direkt unterstanden hatte, wurde jetzt eine ganz gewöhnliches württembergische Städtchen mit all seinen steuerlichen Pflichten. Die Pläne zum Bau des großen Residenzschloßes wurden vom Nachfolger des Stadtgründers aus Desinteresse und auch sicherlich aus finanziellen Erwägungen nun endgültig verworfen. Politisch folgten sehr unruhige Zeiten. Der Dreißigjährige Krieg brachte große Verwüstungen über die Stadt. Die Bevölkerung in Württemberg wurde um zwei Drittel dezimiert. Hinzu kamen die Pestwellen 1610/1611 sowie eine weitere im Jahr 1635. Ein Stadtbrand im Jahre 1632, bei dem 140 Häuser vernichtet wurden, tat sein übriges dazu. Im Jahre 1676 lebten noch 1057 Einwohner in Freudenstadt. Hundert Jahre später verdoppelte sich die Einwohnerzahl auf über 2000 Einwohner. Zum Vergleich: heute (Stand 2015) leben etwa 23.500 Einwohner in Freudenstadt. Es folgte eine Zeit, in der Freudenstadt und seine Einwohner ein eher karges Leben auf 700 Metern Höhe führten. Nagelschmiede und Tuchmacher machten ein Großteil des hier ansässigen Handwerks aus.

Freudenstadt im Winter - der Untere Marktplatz
Freudenstadt im Winter - der Untere Marktplatz mit Blick auf die evangelische Stadtkirche

Ende des 19. Jahrhunderts geschah für Freudenstadt etwas sehr Entscheidendes: ein gewisser Alfred Hartranft, Justizasessor aus Böblingen, trat die Stelle des Stadtschultheißen, also des Bürgermeisters, im Jahre 1877 an. In all den Jahren seiner Amtszeit, immerhin 42 Jahre, war sein beharrliches Bestreben, aus dem verschlafenen Schwarzwaldstädtchen einen Kurort von Weltrang zu machen. Sommer- und Winterfrischler strömten dann nicht zuletzt wegen der mittlerweile guten Verkehrsanbindung in den Nordschwarzwald. Die Gäubahn, die Stuttgart mit Freudenstadt verband, war kurz zuvor ins Leben gerufen worden. Grandhotels schoßen aus dem Boden, illustre Gäste aus aller Welt kamen der guten Schwarzwaldluft wegen ins Saint Tropez des Schwarzwalds. Und auch die für ihre Reserviertheit gegenüber Fremden bekannten Freudenstädter erkannten nach und nach den Segen der Kur: sie wurden weltoffene Bürger, mit einer gewissen Interessiertheit am eigenen Wohlergehen und Auskommen. Das Kurhaus mit dem Kurtheater wurde eigens für die Kurgäste erbaut, die doch ganzjährige Unterhaltung wünschten. Ein eigens gegründeter Verschönerungsverein sorgte dafür, daß das Städtle herausgeputzt war und so staunte der Heimatdichter Hans Jakob nicht schlecht, als er einmal wieder durch Freudenstadt kam: "Überall neue Straßen, neue Landhäuser, neue Pensionen, neue Restaurants und prächtige Läden. Alles verrät den Sommer- und Winterkurort ersten Ranges."

Freudenstadt war bereits Jahrhunderte zuvor Opfer marodierender Truppen gewesen. Seien es die Franzosen auf dem Rückzug oder schwedische Truppen auf dem Durchmarsch ins Rheintal. Die strategisch günstige Lage der Stadt inmitten des Herzogtums wurde hier zum großen Nachteil. Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren es anrückende alliierte Truppen, die die Stadt einnahmen und dabei fast vollständig den Innenstadtbereich zerstörten. Die Jahre der französischen Besatzung waren eine harte Prüfung für die Bürger und Bürgerinnen der Stadt. Aber auch hier zeigte sich, daß die Freudenstädter ein ganz besonderer Schlag Schwaben waren und sind. Denn auch die Badischen sagen ja schließlich: "An Freudestädter isch mir immer no lieber als an Schwob". Der Wiederaufbau, den wir heute als "Wunder von Freudenstadt" bezeichnen, ließ das alte Stadtbild mit dem größten Marktplatz Deutschlands wieder erstehen. Die Gäste kamen wieder aus nah und fern in die bekannte Stadt im Schwarzwald. Allerdings: aus den "Luftschnabbern" von damals sind nun Touristen geworden. Die Kur gehört der Vergangenheit an und damit auch die so wohlgelittenen Kurgäste. Wie sagte doch der Stadtschultheiß Hartranft in eine seiner berüchtigten Reden: "Der Verkehr mit Fremden ist nicht unbedeutend!"


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